Greenwashing oder Green Hushing

Vertrauen als wesentliche Währung nicht verspielen

Erinnert sich noch jemand an den Fall Ikea? Greenwashing at its best. Ikea hatte sich Klimaschutz und den Erhalt der Wälder auf seine Fahnen geschrieben. Man verwende nur recyceltes und zertifiziertes Holz, setze sich für eine Verbesserung der globalen Holzwirtschaft ein.

Das ging leider völlig nach hinten los. Unabhängige Medien und einige NGOs haben hier tiefer gebohrt und festgestellt, dass Ikea u.a. Buchenholz bezieht, das illegal in den ukrainischen Karpaten geschlagen wurde. Eine Dokumentation des SRF hat von illegalen Holzeinschlägen in Rumänien berichtet. Der BR recherchierte zu illegalem Kahlschlag in Sibirien, auch hier mit Verbindung zu Ikea. Gabriel Paun, Umweltschützer aus Rumänien, stellte fest, dass Ikea nicht nur Holz aus Rumänien bezieht, sondern auch Rumäniens größter Waldbesitzer ist. Die gekauften Wälder würden ohne Rücksicht auf Umweltstandards gerodet.

Andere bekannte Greenwashing Beispiele sind u.a., die Krombacher „Regenwald-Initiative“, Nespresso mit seinen Alu-Kaffee-Kapseln oder Lidl mit seiner „Kreislaufflasche“, die einen besseren CO2-Abdruck haben sollte, als Glas oder PET-Mehrweg. Greenwashing zieht sich aber durch sämtliche Industriezweige.
Das Interesse der Kunden an Nachhaltigkeit und Ökologie ist groß und betrifft inzwischen nicht nur Unternehmen und Organisationen, sondern u.a. auch die Finanzwirtschaft. Definieren könnte man Greenwashing als einen Versuch von Unternehmen, sich durch Maßnahmen im Marketing und in der Kommunikation mit Kunden ein grünes und nachhaltiges Image zu geben, ohne entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten tatsächlich systematisch umzusetzen.

Verboten ist Greenwashing an sich nicht. Eine bewusste Irreführung von Verbrauchern laut §5 UWG allerdings schon. Bei all dem besteht aber die Gefahr darin, dass es eben nur Behauptungen von Nachhaltigkeit sind, die widerlegt und auch von Kunden erkannt werden können. Das beschädigt die Glaubwürdigkeit des jeweiligen Unternehmens dann erheblich und führt dazu, dass sich Kunden abwenden und auch bei anderen Unternehmen und Organisationen deutlich genauer hinsehen. Glaubwürdigkeit ist bekanntlich ein besonders hohes Gut.

Wie nun in der Werbung mit dem Thema umgehen?

Es geht nicht unbedingt um Perfektion bei dem Thema, sondern um Transparenz und einen offenen Austausch mit den Kunden, mit der Zielgruppe. Dabei hilft vielleicht eine Identifizierung von TerraChoice, einer kanadischen Agentur für Umweltmarketing, die sieben Sünden des Greenwashing identifiziert hat (7 sins of Greenwashing), die von den Kunden erkannt werden und die es zu vermeiden gilt.

Hilfreich oder eher wieder mehr Kontrollbürokratie?

Im Januar 2024 hat das Europäische Parlament ein Gesetz beschlossen (Green Claims Directive), das Nachhaltigkeitslabels verbessern und die Verwendung irreführender Umweltaussagen verbieten soll. Danach müssen Unternehmen künftig ihre Umweltbehauptungen wissenschaftlich untermauern und detaillierte, überprüfbare Daten liefern. Die neuen Regeln müssen nun in den Mitgliedstaaten eingeführt werden.

Vielleicht doch lieber Green Hushing?

vorsichtiger Gegenbewegung, wenn Unternehmen ihre Klima- und Umweltschutzmaßnahmen nicht nach außen mitteilen, also quasi verheimlichen (hush – verschweigen). Das wirkt zunächst irritierend, hat aber natürlich einen ganz bestimmten Grund. Sie möchten dem Vorwurf des Greenwashings entgehen. Nach den doch gar nicht so seltenen „Skandalen“, die allerdings vor allem große Unternehmen betrafen, sind Kunden irritiert, weil es für sie nicht einfach ist, zu erkennen, ob es sich um ernst gemeinte Aktivitäten für Klimaschutz, Umwelt, Nachhaltigkeit handelt oder nicht. Daher wächst offenbar das Misstrauen. Dem möchte man sozusagen vorauseilend entgehen, auch für den Fall, dass man seine Ziele schließlich nicht erreicht. Wenn Kunden ein Greenwashing auch nur vermuten, kann einer Studie zufolge das Ansehen des Unternehmens leiden und Produkte oder Dienstleistungen werden nicht mehr so positiv wahrgenommen. Danach entscheiden sich offenbar vor allem kleine Unternehmen für Green Hushing.
Die Schweizer Beratungsfirma South Pole berichtete, dass 25 Prozent der weltweit von ihr befragten über 1.200 Unternehmen Green Hushing betreiben, obwohl sie wissenschaftlich fundierte Netto-Null-Ziele verfolgten. In Deutschland verheimlicht sogar ein Drittel der Unternehmen seine Klimaziele.